Der beweisbare Zugang von (arbeitgeberseitigen) Erklärungen spielt im Arbeitsrecht regelmäßig eine besondere Rolle – insbesondere, wenn es um Kündigungen geht, die ein Personaldienstleister gegenüber einem (in- oder externen) Arbeitnehmer ausspricht.
Unproblematisch ist der Nachweis über den Zugang in der Regel, wenn das Zeitarbeitsunternehmen die Erklärung dem Empfänger persönlich übergibt und dieser den Zugang ausdrücklich bestätigt. Herausfordernder ist hingegen der Zugang unter Abwesenden. In diesem Zusammenhang greifen Arbeitgeber oftmals auf ein Einwurfeinschreiben zurück – kostengünstig und vorgeblich verlässlich und rechtssicher.
Dies gilt jedoch nicht uneingeschränkt. Wir haben bereits darüber berichtet, dass – mit Blick auf die Rechtsprechung des BAG – ein Einwurfeinschreiben mit gewissen Unwägbarkeiten verbunden sein kann. Das BAG hat bislang offengelassen, ob sich der Arbeitgeber selbst bei Vorlage einer Reproduktion des Auslieferungsbelegs auf einen Anscheinsbeweis für den Zugang der Kündigung berufen kann.
Zweifel an der Nutzung dieser Zustellungsform werden durch eine aktuelle Entscheidung des LAG Hamburg bestätigt. Dort wurde ein Anscheinsbeweis – trotz Vorlage einer Reproduktion eines Auslieferungsbelegs – nicht anerkannt.
Wesentlich für das Gericht war, dass die Zustellung von Einwurfeinschreiben nicht mehr analog durch das peel-off-Verfahren (mit eigenhändiger Unterschrift des Zustellers), sondern nur noch digital per Scanner dokumentiert wird.
Der Prozess vollzieht sich zusammengefasst wie folgt:
- Der Postangestellte scannt die Einlieferungsnummer des Einschreibens (Strichcode)
- Die Nummer wird im Scannersystem hinterlegt
- Der Zusteller unterschreibt digital im Scanner
- Das Datum wird automatisch hinterlegt
- Das Einschreiben wird in den Hausbriefkasten eingeworfen
- Der Zusteller muss sich vergewissern, dass der Name am Briefkasten steht
Nach Ansicht des Gerichts sei dieser Geschehensablauf nicht typisch genug für die Annahme eines Anscheinsbeweises. Individuelle Umstände der Zustellung verlieren nicht ihre Bedeutung.
Gerade für Arbeitgeber bedeutet dies:
Sie müssen genau überlegen, welche Zustellungsform sie wählen. Das Einwurfeinschreiben wird durch die Entscheidung nicht „sicherer“.
Bei „wichtigen“ Unterlagen – insbesondere Kündigungen – sollte nach unserer Einschätzung der (interne) reitende Bote eingesetzt werden. Dabei muss eine lückenlose Dokumentation der Zustellung erfolgen: von der Originalkündigung bis zum Einwurf in den Briefkasten des Empfängers. Auch wenn dies aufwendig ist.
Alternativ wird häufig eine Zustellung per Gerichtsvollzieher empfohlen:
Rechtssicher, aber umständlich, zeitaufwendig und insbesondere bei kurzfristigen Fristen wenig praktikabel. Eine ausschließliche Nutzung dieser Zustellungsform dürfte in der Praxis deshalb schwer umsetzbar sein.
Fazit
Personaldienstleister sollten angesichts der aktuellen Rechtsprechung:
- sensibilisiert sein,
- Vor- und Nachteile der verschiedenen Zustellungswege kennen,
- und eine bewusste Entscheidung treffen.
Dabei müssen die Faktoren rechtliches Risiko, wirtschaftliches Risiko, Kosten und Aufwand sorgfältig abgewogen werden.
Wenn Sie ergänzende Fragen haben sollten, melden Sie sich jederzeit gerne bei Dr. Alexander Bissels.

